23.09
2019
BSG 27.06.2019 – B 11 AL 14/18 R – Sperrzeit bei unterlassener Bewerbung zu Vermittlungsvorschlag

Das Bundessozialgericht hat mit Urteil vom 27.06.2019 (unter anderem) über die Anforderungen an eine ausreichende Rechtsfolgenbelehrung für den Eintritt einer sechs- und zwölfwöchigen Sperrzeit bei Arbeitsablehnung bei Bezug von Arbeitslosengeld (I) entschieden.

Seit 1.1.2009 ist für die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsablehnung (und anderem pflichtwidrigem Verhalten) allein die Zahl der Verstöße des Arbeitslosen maßgebend. Bei erstmaligen Verstoß ist eine Dauer der Sperrzeit von drei Wochen, bei einem zweiten von sechs Wochen und bei einem dritten von zwölf Wochen gesetzlich vorgesehen. Dadurch, dass die Sperrzeitdauer entsprechend der Anzahl der Verstöße abgestuft ist, soll der Eingliederungsdruck auf den Arbeitslosen in Abhängigkeit von seiner Mitwirkungsbereitschaft stetig erhöht werden.

Die Agentur für Arbeit (Arbeitsamt) hatte im zu entscheidenden Fall hintereinander dem Arbeitslosen drei Vermittlungsvorschläge übersandt mit folgender, entsprechend dem Gesetzestext lautender, jeweils gleichlautender Rechtsmittelbelehrung:

„Wenn Sie ohne wichtigen Grund die Ihnen angebotene Beschäftigung nicht annehmen oder – nicht antreten – oder – das Zustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses durch Ihr Verhalten verhindern (z.B. indem Sie sich nicht vorstellen), tritt eine Sperrzeit ein (…). Sie dauert längstens zwölf Wochen. Die Sperrzeit dauert drei Wochen bei erstmaligem versicherungswidrigen Verhalten (…). Ein versicherungswidriges Verhalten in diesem Sinne liegt vor, wenn Sie eine Arbeit oder berufliche Eingliederungsmaßnahme nach ihrer persönlichen Arbeitsuchendmeldung abgelehnt oder eine berufliche Eingliederungsmaßnahme abgebrochen haben.“

Der Arbeitslose hatte sich auf keinen jener Vermittlungsvorschläge beworben, weshalb die Agentur für Arbeit hintereinander erst eine dreiwöchige, dann eine sechswöchige und schließlich zwölfwöchige Sperrzeit verhängte und die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes entsprechend kürzte.

Das Bundessozialgericht hat die Rechtsmittelbelehrung in Bezug auf die 2. Und 3. verhängte Sperrzeit für nicht ausreichend erachtet, weil die Sperrzeitdauern (6 Wochen bzw. 12 Wochen) nicht als unmittelbar und konkret drohende Rechtsfolge benannt wurden. Vielmehr würden lediglich die verschiedenen, nach dem Gesetz möglichen Sperrzeitdauern mitgeteilt, ohne zu verdeutlichen, welche davon bei der Ablehnung des Angebots einschlägig wäre. Für den Arbeitslosen wäre der Belehrung zwar zu entnehmen, dass bei Nichtbewerbung ohne wichtigen Grund eine Sperrzeit drohe und sich die Abstufung der Sperrzeitdauern nach der Häufigkeit des versicherungswidrigen Verhaltens richte. Ohne weitergehende Erläuterungen sei der Belehrung aber nicht zu entnehmen, ob für das konkret übersandte Beschäftigungsangebot im Fall einer Nichtbewerbung ohne wichtigen Grund eine mehr als dreiwöchige Sperrzeit eintreten wird. Eine Rechtsfolgenbelehrung dieses Inhalts beschränke sich im Wesentlichen auf die Wiedergabe des Gesetzestextes, was für eine konkrete Rechtsmittelbelehrung im Einzelfall nicht ausreichend sei.

Gesetzestext - aktuelle Fassung - zur Entscheidung
 

§ 159 SGB III – Ruhen bei Sperrzeit

(…)

(4) Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsablehnung, bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme, bei Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme, bei Ablehnung eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung oder bei Abbruch eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung beträgt

1.
im Fall des erstmaligen versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art drei Wochen,
2.
im Fall des zweiten versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art sechs Wochen,
3.
in den übrigen Fällen zwölf Wochen.

Im Fall der Arbeitsablehnung oder der Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme nach der Meldung zur frühzeitigen Arbeitsuche (§ 38 Absatz 1) im Zusammenhang mit der Entstehung des Anspruchs gilt Satz 1 entsprechend.(1) (…)

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