Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 17.07.2019 entschieden, dass die nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz vorgesehene Mindestaufenthaltsdauer von sechs Monaten oder einem Semester für eine Ausbildungsförderung im Ausland nicht mit dem europarechtlichen Recht auf Freizügigkeit vereinbar ist. Die Unvereinbarkeit des nationalen Rechts mit dem vorrangigen Europarecht führt mangels einer möglichen unionsrechtskonformen Auslegung zu einem Anwendungsverbot der nationalen Bestimmung, soweit es sich um die Förderung des Besuchs einer Ausbildungsstätte in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union handelt.
Gesetzestexte zur Entscheidung§ 5 BAföG – Ausbildung im Ausland
(1) (…)
(2) Auszubildenden, die ihren ständigen Wohnsitz im Inland haben, wird Ausbildungsförderung geleistet für den Besuch einer im Ausland gelegenen Ausbildungsstätte, wenn
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er der Ausbildung nach dem Ausbildungsstand förderlich ist und außer bei Schulen mit gymnasialer Oberstufe und bei Fachoberschulen zumindest ein Teil dieser Ausbildung auf die vorgeschriebene oder übliche Ausbildungszeit angerechnet werden kann oder
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im Rahmen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit einer deutschen und mindestens einer ausländischen Ausbildungsstätte die aufeinander aufbauenden Lehrveranstaltungen einer einheitlichen Ausbildung abwechselnd von den beteiligten deutschen und ausländischen Ausbildungsstätten angeboten werden oder
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eine Ausbildung an einer Ausbildungsstätte in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in der Schweiz aufgenommen oder fortgesetzt wird.
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Die Ausbildung muss mindestens sechs Monate oder ein Semester dauern; findet sie im Rahmen einer mit der besuchten Ausbildungsstätte vereinbarten Kooperation statt, muss sie mindestens zwölf Wochen dauern. (…)
Art. 20 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV)
(vormals Artikel 17 EGV)
(1) (…)
(2) Die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger haben die in den Verträgen vorgesehenen Rechte und Pflichten. Sie haben unter anderem
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a) das Recht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten;
Art. 21 AEUV
(vormals Artikel 18 EGV)
(1) Jeder Unionsbürger hat das Recht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vorbehaltlich der in den Verträgen und in den Durchführungsvorschriften vorgesehenen Beschränkungen und Bedingungen frei zu bewegen und aufzuhalten.